Zuse-Medaille für Saarbrücker Professor Gerhard Weikum
Die Gesellschaft für Informatik (GI) ehrt Gerhard Weikum, einen der Direktoren des Max-Planck-Instituts für Informatik, mit der Konrad-Zuse-Medaille. Gewürdigt werden seine wissenschaftlichen Beiträge in den Bereichen Datenbanksysteme, Leistungsoptimierung, Informationsextraktion aus Texten sowie zur automatischen Konstruktion großer Wissensbanken. Die Zuse-Medaille ist die höchste Auszeichnung für Informatik in Deutschland. Sie ist nach dem Erfinder des Computers, Konrad Zuse, benannt.
Computer mit Weltwissen auszustatten war jahrzehntelang ein Traum der Künstlichen Intelligenz, der für unerreichbar gehalten wurde. Bis Mitte der 2000er Jahre wurden Wissensbanken manuell konstruiert, so dass sie in ihrer inhaltlichen Abdeckung sehr limitiert waren. Mit dem YAGO-Projekt gelang Weikum und seinem Team ein Durchbruch, um auf skalierbare Weise große Wissensbanken über Personen, Orte, Produkte und andere Entitäten algorithmisch aufzubauen. Die YAGO-Wissensbank wurde zu einem wegweisenden Proof-of-Concept, der zeigte, dass automatische Methoden eine extrem hohe Qualität erreichen können. Die Fehlerrate von YAGO lag unter fünf Prozent und in zentralen Teilen sogar unter ein Prozent. Diese Arbeiten haben weltweit zahlreiche Projekte inspiriert, insbesondere die Entwicklung sogenannter Knowledge Graphs bei Google, Microsoft, Amazon, Alibaba, Bloomberg und anderen. Maschinelles Wissen über Personen, Orte, Organisationen, Produkte und Ereignisse unterstützt heute Suchmaschinen, Datenanalyse und KI-basierte Empfehlungssysteme.
Zur Motivation dieser langjährigen Arbeiten sagt Gerhard Weikum: „Es gibt viele Informationsbedürfnisse, die man im Prinzip mit Inhalten aus dem Internet gut befriedigen kann, aber das relevante Wissen ist über alle möglichen Datenquellen verteilt und man kennt diese Quellen eben nicht.“ Eine Suche nach Frauen im Vorstand von IT-Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro oder mehr wäre sehr einfach, wenn alle dafür notwendigen Fakten in einer einzigen Datenbank vorlägen; diese Datenbank gibt es aber nicht. Auch Suchmaschinen konnten vor der Einführung von Knowledge Graphs wenig mit solchen Anfragen anfangen sie haben lediglich Links auf Webseiten geliefert, die man mühsam durchlesen musste. Damit hätte man bestenfalls ein paar exemplarische Treffer gefunden, aber keine umfassende Antwortliste. Gerhard Weikum ergänzt: „Mit Wissensbanken für Suchmaschinen und Sprachassistenten ist vieles möglich geworden. Das Beispiel mit den Frauen in IT-Vorständen ist vermutlich immer noch zu komplex. Wir brauchen auch künftig Forschung zur Weiterentwicklung von Wissensbanken und insbesondere zur noch besseren Verknüpfung von maschinellem Lernen und maschinellem Wissen.“
Gerhard Weikum studierte Informatik an der TU Darmstadt und hat dort 1986 promoviert. Nach einer Postdoc-Zeit in Austin, Texas, und einer Assistenzprofessur an der ETH Zürich wurde er 1994 auf einen Lehrstuhl für Informatik an die Universität des Saarlandes in Saarbrücken berufen. Die Max-Planck-Gesellschaft ernannte ihn 2003 zum wissenschaftlichen Mitglied und Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik.
Gerhard Weikum ist Fellow der Gesellschaft für Informatik und des weltweiten Dachverbandes Association for Computing Machinery (ACM) sowie Mitglied mehrerer Akademien. Er wurde u.a. 2010 mit einem Google Focused Research Award und 2016 mit dem ACM SIGMOD Edgar F. Codd Innovations Award ausgezeichnet. Die erste Publikation über die YAGO-Wissensbank, gemeinsam mit den damaligen Doktoranden Fabian Suchanek und Gjergji Kasneci, hat über 4000 Zitate und erhielt 2018 den WWW Test-of-Time Award für die einflussreichsten Publikationen der Web Conference. Im Jahr 2013 erhielt Weikum zusammen mit Michael Backes, Peter Druschel und Rupak Majumdar den europäischen Forschungspreis ERC Synergy Grant.
Über seine wissenschaftlichen Beiträge hinaus hat Weikum sich auch in starkem Maße für die Selbstorganisation der Wissenschaft engagiert. Unter anderem war er sechs Jahre im Wissenschaftsrat, dem vom Bundespräsidenten ernannten Gremium, das Bund und Länder zu wissenschaftspolitischen Themen berät.
Zu seinen Auszeichnungen sagt Weikum: „Dies sind allesamt Teamerfolge. Meine Studenten, Doktoranden und Mitarbeiter haben einen riesigen Anteil. Die Kreativität junger Menschen in der Informatik ist beeindruckend. Auch das exzellente und von Teamgeist geprägte Umfeld auf dem Saarbrücker Informatikcampus hat viel beigetragen. Beispielsweise entstanden wichtige Ideen und Resultate im Kontext des Exzellenz-Clusters über Multimodal Computing, das viele Kollegen der Universität und der An-Institute umfasste.“ Mit diesem jüngsten Preis kann die Saarbrücker Informatik mittlerweile 18 Auszeichnungen durch Zuse-Medaillen, Leibniz-Preise und Aufnahmen in die Leopoldina-Akademie vorweisen.