Deutscher Mustererkennungspreis an Saarbrücker Forscher
Deutscher Mustererkennungspreis an Saarbrücker Forscher
Die Deutsche Gesellschaft für Mustererkennung, DAGM, verleiht Christian Theobalt vom Max-Planck-Institut für Informatik den Deutschen Mustererkennungspreis 2012.
Der deutsche Mustererkennungspreis wird alljährlich von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mustererkennung (DAGM) an herausragende Nachwuchswissenschaftler aus den Berei-chen Maschinelles Lernen und Maschinelle Bilderkennung verliehen. In diesem Jahr wird der Preis an Prof. Christian Theobalt vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und Prof. Andreas Krause von der ETH Zürich verliehen.
Christian Theobalt erhält den Preis für seine hervorragenden und bahnbrechenden wissen-schaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der dreidimensionalen Rekonstruktion von statischen und dynamischen Szenen aus Kamerabildern. Er hat richtungsweisende Arbeiten zum Thema Marker-lose Bewegungsmessung gemacht, und hat das Forschungsgebiet Marker-less Per-formance Capture mitbegründet.
Motion Capture Systeme werden eingesetzt, um die Bewegung einer Person akkurat zu vermessen. Traditionellerweise trägt die Person hierbei einen schwarzen Anzug mit speziellen reflektierenden Markern. Aus Kameraaufnahmen dieser Marker kann dann die Skelettbewe-gung der Person errechnet werden. Leider sind diese klassischen Systeme in vielen prakti-schen Anwendungsgebieten nicht einsetzbar, da sie in der Regel ein kontrolliertes Studio verlangen und ihr Betrieb sehr teuer ist. Weiterhin ist das Messen von Skelettbewegungen alleine in vielen Fällen nicht ausreichend.
Beispielsweise werden heute in vielen Filmen virtuelle, also komplett computergenerierte, Schauspieler eingesetzt. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der Film „Avatar“ (2009). Die Skelettbewegung einer realen Person wird dabei gemessen und in einem extrem zeitaufwän-digen Verfahren zum großen Teil manuell auf ein Geometriemodell der Person übertragen. Der Schritt vom Skelett zur kompletten virtuellen Person dauert nicht selten Monate.
Die von Herrn Theobalt entwickelten Verfahren bedeuten hier einen großen Schritt nach vorn. Zum einen hat er neue Methoden entwickelt, mit Hilfe derer die Skelettbewegung einer Person auch ohne spezielle Anzüge und nur aus einfachen Videoaufnahmen hochgenau berechnet werden kann. Seine Methoden funktionieren dabei auch außerhalb eines Studios und könnten somit auch eingesetzt werden, um die Bewegung von Athleten im Stadion, von Passanten auf der Straße, oder von Schauspielern in beliebigen Umgebungen zu messen. Zudem hat Prof. Theobalt das Gebiet Markerless Performance Capture entscheidend geprägt. Hierbei wird aus nur einer Handvoll von Videoaufnahmen nicht nur die Skelettbewegung einer Person, sondern auch die detaillierte Oberflächengeometrie errechnet. Mit seinen Methoden war es erstmals möglich, ein detailliertes zeitveränderliches 3D Modell einer Person samt ihrer Kleidung, zum Beispiel einem Kleid zu rekonstruieren. Die errechneten Modelle messen auch zeitveränderliche Details der Mimik sowie feinsten Falten und Details im Stoff der Kleidung. Die neuen Möglichkeiten, die Herrn Theobalt’s Verfahren bieten, sind natürlich für die Filmindustrie interessant, und es gab bereits erste Kontakte.
Computeranimation ist aber bei weitem nicht der einzige Bereich, in dem Herrn Theobalt’s Verfahren eingesetzt werden können. Sie könnten auch von Ärzten benutzt werden, um den Heilungserfolg von Patienten durch Bewegungsanalyse zu verfolgen. Sie könnten im Sport und der Biomechanik-Forschung eingesetzt werden, um die Leistung von Athleten zu verbes-sern und Rückschlüsse auf auftretende Muskelkräfte während bestimmter Bewegungen zu treffen. Sie können auch benutzt werden, um 3D Videos zu rekonstruieren, zum Beispiel um bei einer Sportübertragung die Bewegung eines Athleten virtuell aus einem neuen Blickwinkel darzustellen. Die Performance Capture Methoden könnten auch in industriellen Anwen-dungen eingesetzt werden, in denen die Verformung von Oberflächen genau gemessen werden muss.
Weiterhin hat er entscheidende Arbeiten auf dem Gebiet der Echtzeitbewegungsmessung gemacht. Diese Algorithmen können in der Ergonomie-Forschung bzw. zur neuartigen gestenbasierten Interaktion mit Computern eingesetzt werden.
Der Preis wurde am Mittwoch, 29.08.2012, im Rahmen der gemeinsamen Jahrestagung der DAGM und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Mustererkennung (OAGM) in Graz verliehen.
Zum Preisträger:
Christian Theobalt ist Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes und leitet die Gruppe „Graphics, Vision & Video“ am Max-Planck-Institut für Informatik. Nach seinem Informatikstudium an der Universität des Saarlandes und der University of Edinburgh pro-movierte er 2005 bei Professor Hans-Peter Seidel in Saarbrücken. Nach seiner Promotion verbrachte er ein Jahr als Postdoc am Max-Planck-Institut für Informatik. Von 2007 bis 2009 war er Visiting Assistant Professor an der Stanford University in Kalifornien. 2009 wurde er auf eine W2 Stelle am Max-Planck-Institut für Informatik berufen. Für seine Arbeiten erhielt er bereits eine Vielzahl von Preisen, unter anderem den EUROGAPHICS Young Researcher Award 2009 und die Otto-Hahn Medaille der Max-Planck-Gesellschaft 2007. Er ist ebenfalls Mitglied des Steering Committee‘s und Projektleiter im Intel Visual Computing Institute in Saarbrücken.
Weitere Informationen:
http://dagm2012.icg.tugraz.at/awards.php -- Link Mustererkennungspreis 2012
http://www.mpi-inf.mpg.de/~theobalt/index.html -- Homepage Christian Theobalt
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Das Max-Planck-Institut für Informatik ist nicht die einzige Einrichtung, die auf dem Campus der Universität des Saarlandes neue Aspekte der Informatik erforscht. Nun wenige Meter entfernt haben ebenfalls ihren Sitz:
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Max-Planck-Institut für Informatik
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